4 Säulen der Anaesthesiologie

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Am 16.10.1846, 10.00 Uhr vormittags führte William Morton im Masssachusetts General Hospital Boston die erste Äthernarkose in der Öffentlichkeit vor. Dieses Datum wird als Geburtsstunde der modernen Anaesthesie angesehen.

Das Narkosegerät Medimorph-System - ein Nakosegerät aus den 80er Jahren des 20. Jahrhundert

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Das Narkosegerät MLW-Medimorph-System

 

von M. Lüder

 

Seit Beginn der Schmerzbetäubung für operative Eingriffe am Patienten haben sich die Methoden zur Applikation der verschiedenen dampfförmigen und gasförmigen Narkosemittel ständig verbessert. Dabei war zunächst nur das Ziel, eine möglichst exakte Dosierung der Narkosemittel zu erreichen. Des weiteren musste sichergestellt werden, dass der Patient während des Eingriffs ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird und im Falle einer Ausschaltung der Eigenatmung, z.B. bei der Anwendung von Muskelrelaxantien, eine künstliche Beatmung vorgenommen werden kann.

Zur Erfüllung dieser Forderungen wurden sog. Narkosegeräte entwickelt. Sie gehören zu einer besonderen Gruppe medizintechnischer Erzeugnisse, die bei ihrer Anwendung unmittelbar mit dem Patienten verbunden sind und eine lebenserhaltende Funktion besitzen. Aus diesen Gründen müssen besonders hohe Anforderungen an die Funktionssicherheit und Zuverlässigkeit dieser Geräte gestellt werden. Fehlfunktionen oder auch Bedienungsfehler, sofern diese nicht rechtzeitig erkannt werden, können schwerwiegende Komplikationen beim Patienten zur Folge haben. Alle modernen Narkosegeräte sind daher mit entsprechenden Sicherheits-, Überwachungs- und Alarmeinrichtungen ausgestattet.

Anhand des MLW-Medimorph-Systems soll beispielhaft der Aufbau eines Narkosegerätes der 80er Jahre erläutert werden. Dieses Gerät wurde in der damaligen DDR in Abstimmung mit der Gesellschaft für Anaesthesiologie und Intensivtherapie der DDR sowie in enger Zusammenarbeit mit der Akademie der Wissenschaften der DDR vom VEB MLW Medizintechnik Leipzig entwickelt und gelangte 1986 in den Handel.

Das MLW-Medimorph-System besteht aus verschiedenen Baugruppen, sogenannten Modulen, die vom Anästhesiologen den jeweiligen klinischen Anforderungen entsprechend miteinander kombiniert werden können.

Das Narkosegrundgerät besitzt ein stabiles Fahrgestell zur Aufnahme von Druckgasbehältern für medizinische Gase und zur Befestigung der einzelnen Module. Darüber hinaus gehören zum Narkosegrundgerät Druckreduzier-Armaturen sowie ein Monitorträger zur Aufnahme von Patientenmonitoren. Eine integrierte Sauerstoff-Ausfall-warnung löst einen akustischen Alarm aus, wenn der Sauerstoffdruck unter einen festgelegten Mininalwert absinkt. Bei weiterem Druckabfall wird automatisch die Zufuhr von Lachgas gesperrt. Dies sind einige der Sicherheitsfunktionen, die den Patienten vor versehentlicher Applikation hypoxischer Gasgemische schützen. Anzeigeinstrumente zur Überwachung der Druckgase sowie unverwechselbare Anschlüsse für zentrale Gasversorgungsanlagen sind ebenfalls vorhanden. Am Grundgerät angebracht ist auch ein Sekretabsauggerät, dessen Injektor-Pumpe mit Drucksauerstoff betrieben wird.Zur Dosierung von Sauerstoff und Lachgas (N2O ) steht ein Strömungsmesser mit jeweils 2 in Reihe geschalteten Meßrohren zur Verfügung. Die dadurch möglich gewordene Spreizung der Anzeige besonders im unteren Meßbereich erlaubt auch die Durchführung von Narkosen mit Minimal-Flow-Technik oder mit geschlossenem Narkosesystem.

Der sicherste Schutz des Patienten vor unbeabsichtigter Applikation hypoxischer Gasgemische besteht in der Messung der Sauerstoffkonzentration im Inspirationsgasgemisch mit Hilfe eines Sauerstoffmonitors, der einen Alarm bei Unterschreiten eines Mindestwertes auslöst. Der hier verwendete Sauerstoffmonitor AM 260 verwendet eine polarographische Meßzelle vom Typ der Clark-Elektrode, die sich leicht und bequem am Inspirationsventils des Narkosekreislaufteils befestigen lässt. Bei Über- bzw. Unterschreitung zuvor eingestellter Grenzwerte setzt eine optische und akustische Alarmgebung ein.

 

 

 

 

 

Hochwirksame dampfförmige Anaesthetika erfordern zu ihrer Applikation Präzisionsverdunster, die eine genaue Dosierung dieser Mittel ermöglichen. Diese Geräte müssen darüber hinaus auch eine Reihe von Sicherheitsforderungen erfüllen. Hierfür haben sich weltweit sog. Plenum-Typ-Verdunster als am besten geeignet erwiesen.

Der für das MLW-Medimorph-System entwickelte Narkosemittelverdunster ist für die Dosierung von Halothan in Konzentrationen von 0,25...4,0 Vol.-% geeicht. Die Kegelventilsteuerung garantiert eine gute Konstanz der abgegebenen Dampfkonzentrationen im Bereich von 0,5...12 l/min Flow. Eine automatische Druck- und eine manuelle Thermokompensation gewährleisten eine weitgehende Konstanz der eingestellten Narkosemittelkonzentrationen. Besonderes Augenmerk wurde auch auf die Realisierung von sicherheitstechnischen Forderungen gelegt. Dazu gehören unverwechselbare Anschlüsse und konstruktive Maßnahmen, die ein Überfüllen des Verdunsters und eine Beeinflussung der Konzentrationsabgabe durch mechanische Bewegung verhindern.

International ist die offene Bauweise von Narkosekreissystemen durch eine kompakte Bauweise nahezu vollständig abgelöst worden. Hierdurch ergeben sich wesentliche Vorteile bezüglich der Sicherheit für den Patienten infolge besserer Abdichtung des Systems und weitgehender Vermeidung von leicht lösbaren Konus-Steckverbindungen, die stets Gefahrenquellen durch die Möglichkeit eine Dekonnektion darstellen. Aus diesen Gründen wurde auch das Narkosekreislaufteil des MLW-Medimorph-Systems als Kompaktmodul ausgeführt. Zwei hintereinander geschaltete CO2-Absorber mit je 1000 ml Atemkalkfüllung garantieren eine Betriebszeit von mehr als 23 Stunden bis zur Erschöpfung des Atemkalkes. Zur Kontrolle des Atemdruckes ist in das Narkosekreislaufteil ein Atemdruckmanometer integriert. Das Atemzugvolumen lässt sich mit Hilfe eines einschraubbaren Atemvolumeters kontrollieren, das nach dem Prinzip des Flügelrad-Anemometers arbeitet. Die besondere Konstruktion des Überschussventils erlaubt durch zwei Raststellungen einen momentanen Wechsel zwischen „Beatmung“ und „Spontanatmung“, was die Bedienung des Gerätes deutlich vereinfacht. Die überschüssigen Narkosegase und –dämpfe werden am Überschussventil aufgefangen und können über einen separaten Schlauchanschluss abgeleitet werden.

 

 

Narkosebeatmungsgeräte müssen gegenüber anderen Beatmungsgeräten zwei zusätzliche Bedingungen erfüllen. Zum einen muss eine vollständige Trennung von Antriebsgas und Atemgasgemisch gewährleistet sein. Zum anderen erfordert ihr Betrieb ein spezielles Druckausgleichsventil, das bei Anwendung eines halbgeschlossenen Systems den Austritt des überschüssigen Narkosegasgemisches in der Exspirationsphase erlaubt. Das kompakte Narkosebeatmungsgerät des MLW-Medimorph-Systems besteht im wesentlichen aus einem gewichtsbelasteten Beatmungsbalg als „Bellow-in-bottle-System“, einem mikroelektronischen Steuerteil, einem pneumatischen Antriebsteil sowie einer integrierten mikroelektronischen Überwachungseinheit. Durch eine große Variationsbreite der Beatmungsparameter lässt sich das Beatmungsgerät an nahezu alle vorkommenden klinischen Bedingungen anpassen. Hervorzuheben ist die ausgezeichnete Volumenkonstanz des Gerätes und seine hohe Effektivität bezüglich der Gasverteilung, was sich bei der Beatmung von Patienten mit Lungenfunktionsstörungen als besonders vorteilhaft erweist. Durch eine fortlaufende Überwachung der zuvor eingestellten oberen und unteren Beatmungsdruck-Grenzwerte wird akustischer und optischer Alarm bei Stenose oder Dekonnektion ausgelöst. Weitere Alarmgebungen erfolgen auch bei Unterschreitung einer Beatmungs-Mindestfrequenz sowie bei Ausfall des Antriebsgases und der Elektroenergie.

 

Epilog

Das beschriebene MLW-Medimorph-System entspricht einem in den 80er Jahren noch weit verbreiteten Standard der in der Anästhesiologie gebräuchlichen Narkosegeräte. Geräte zur Überwachung von Vitalfunktionen des Patienten existierten zur dieser Zeit zumeist nur als Beistellgeräte zum Narkosegerät.

Die rasante Entwicklung der Mikroelektronik führte jedoch in den nachfolgenden Jahren und Jahrzehnten dazu, ein immer umfangreicher werdendes Patientenmonitoring zur Erhöhung der Patientensicherheit und Verbesserung der Narkoseführung weitgehend in die Narkosegeräte zu integrieren.

 

M. Lüder: Anaesthesiol.Reanimation, 11 (1986) 349-354

 

 

Erstellungsdatum: 12.01.2016